Kantonsrat des Kantons Zug
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Baar, 9. Mai 2003


Motion betreffend Zielsetzungen, Organisation und Ablauf Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden mit Antrag auf Vorlage eines Rahmengesetzes

Sehr geehrter Herr Präsident
Sehr geehrte Damen und Herren

Mit Beschluss vom 11. Juli 1995 setzte der Regierungsrat unter der Leitung von Alt-Gemeindepräsident Klaus Willimann, Walchwil, eine zwischen Gemeinden und Kanton paritätisch zusammengesetzte Kommission ein. Diese Arbeitsgruppe hat ihren umfassenden Bericht dann Mitte 1998 zuhanden der Regierung verabschiedet. In diesem Bericht wurde aufgezeigt, welche Aufgaben neu durch den Kanton oder die Gemeinden bzw. im Verbund künftig erfüllt werden sollen. Die Arbeitsgruppe legte für ihre Beurteilung folgende Kriterien zu Grunde:

1. Subsidiarität mit Stärkung der Gemeindeautonomie
2. Wirtschaftlichkeit
3. Transparenz
4. Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit
5. Kostenneutralität

Die Aufgabenteilung ist seit 1980 und spätestens seit der vom Kantonsrat im Jahre 1994 erheblich erklärten FDP-Motion zur Aufgabenteilung ein Dauerthema. Immer wieder gab es mehr unbegründete als begründete Verzögerungen und auf eine Interpellation der Kantonsräte Gregor Kupper und Jost Arnold zeigte die Regierung mit Datum vom 28. Mai 2002 das weitere etwas gar unverbindlich Vorgehen auf. Die wichtigsten Aussagen seien hier wie folgt erwähnt:

- Aufgrund des neuen Finanzausgleiches (NFA) zwischen Bund und den Kantonen seien die    Umsetzungsarbeiten aufgrund des Berichtes der Arbeitsgruppe vom 10. August 1998 zurückgestellt    worden.

- Der Regierungsrat habe beschlossen, dass die Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden auf der    politischen und nicht auf der Sachbearbeitungsebene gesteuert werden müsse.

- Am 18. Dezember 2000 sei durch den Regierungsrat eine politische Steuerungsgruppe mit je drei    Mitgliedern des Regierungsrates und je drei Mitgliedern aus der Mitte der Gemeindepräsidenten-
   Konferenz eingesetzt worden.

- Der Regierungsrat sei gewillt, noch im Jahre 2002 unter Einbezug eines externen Beraters so-wie von    verwaltungsinternen Fachleuten materielle Entscheidungen zur Aufgabenneuverteilung zwischen Kanton    und Gemeinden zu treffen.

- Am ursprünglichen Ziel der Arbeitsgruppe Willimann, die Kostenneutralität einzuhalten, könne aus heutiger    Sicht nicht mehr festgehalten werden, da die Mehrbelastungen aus dem NFA mitberücksichtigt
    werden müssen.

Anlässlich der Kantonsratsdebatte vom 29. August 2002 gaben die beiden Interpellanten der Hoffnung Ausdruck, dass nun mit der Aufgabenteilung zügig vorangegangen werde, jedoch die Problematik NFA mit der Aufgabenteilung nichts zu tun habe und nicht vermischt werden dürfe, da sonst das Geschäft überladen werde. Die damalige Finanzdirektorin Ruth Schwerzmann widersprach der Argumentation von Gregor Kupper, den NFA nicht gleichzeitig in die Aufgabenteilung einzubeziehen. Dies hätte einen klaren inneren Zusammenhang.

Dass wir heute in der Aufgabenteilung nicht weiter sind, ist mehr als betrüblich. Auch wenn das Projekt Aufgabenteilung eine sehr grosse Herausforderung für den Kanton und die Gemeinden darstellt, so war andererseits eine klare Vorgehensweise, angefangen bei der Zielsetzung, über die Projektorganisation bis hin zu grundsätzlichen Umsetzungsentscheide nicht erkennbar. Zwischenzeitlich sind Jahre ins Land gezogen. Der Kantonsrat ist inzwischen neu zusammengesetzt und gerade dieser Kantonsrat hat letztlich die Aufgabenteilung abschliessend zu beurteilen

Der neue Finanzdirektor Peter Hegglin nimmt sich seit seinem Amtsantritt der Aufgabenteilung dieser grossen Herausforderung engagiert an und haucht diesem Geschäft wieder Leben ein. Andererseits werden die derzeitigen Ueberlegungen und Absichten der Regierung kritisiert und teilweise von Gemeindevertretern als untauglich dargestellt (siehe Ausgaben der Zuger Zeitung vom 1. und 2 Mai 03).

Damit nicht das Gleiche wie bei der Parlamentsreform geschieht, welche nach einem sehr aufwändigen Verfahren letztlich vom Kantonsrat abgelehnt wurde, muss der Kantonsrat in die Aufgabenteilung im jetzigen Zeitpunkt einbezogen werden und er hat zu definieren, in welche Richtung die Aufgabenteilung laufen soll. Nur so kann eine klare Basis für das weitere Vorgehen gelegt werden und der Kantonsrat wird zu einem späteren Zeitpunkt sich viel weniger aus einer solchen entsprechend formulierten Zielsetzung und Verantwortung verabschieden können.

Aufgabenverteilung als Daueraufgabe:

Die Aufgaben des Kantons Zug und seiner Gemeinden sowie die Zuteilung an die beiden Staatsebenen sind rechtlich festgelegt. Eine sinnvolle Aufgabenerfüllung ist nur möglich, wenn den öffentlichen Körperschaften die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Diese Mittel können aus eigenen Finanzquellen stammen oder von der übergeordneten Körperschaften über den Finanzausgleich zur Verfügung gestellt werden. Die Überprüfung der Aufgaben und ihre Zuweisung an Kanton oder Gemeinden ist an sich eine Daueraufgabe, weil sich die Aufgaben und die Art ihrer Erfüllung laufend ändern. Periodisch drängt sich deshalb eine Neubeurteilung der Aufgaben im Sinne einer Gesamtüberprüfung auf.

Mit der neuen Aufgabenzuweisung soll erreicht werden, dass die Aufgaben möglichst vollständig in die Hand einer Staatsebene gelegt werden und zwar auf die Ebene, die am besten für die Aufgabenlösung geeignet ist. Dies fördert rasche, sachgerechte und günstige Lösungen. Das heisst letztlich, dass diese stufengerechte Zuordnung von Aufgaben zum Resultat führt, dass jede Staatsebene das macht, was sie am besten kann.

Die Aufgabenneuverteilung zwischen Kanton und den Gemeinden soll sich deshalb nach folgenden Grundsätzen richten, die auch von der ersten paritätischen Kommission formuliert worden sind:

· Die Aufgaben sind möglichst der öffentlichen Körperschaft zuzuweisen, die sie am besten erfüllt. Diese    Stufen gerechte Zuweisung ist bürgernah und somit auch günstig.

· Der föderalistische Ansatz soll davon ausgehen, die Eigenständigkeit zu stärken. Dies geschieht optimal    dadurch, dass nur ein Gemeinwesen die Verantwortung für sein Tun und Handeln trägt.

· Bei Aufgaben die weiterhin im Verbund zwischen Kanton und Gemeinden gelöst werden müssen, sind    mindestens die Zuständigkeiten klar zu regeln.

· Durch die klare Aufgabenentflechtung und Zuordnung muss die Stärkung der Eigenständigkeit gefördert    werden, was zumindest die Erhaltung der finanziellen Unabhängigkeit der Gemeinden anbelangt.

· Bei der Neuordnung der Aufgabenverteilung ist die Kostenneutralität anzustreben. Weder Kanton noch    Gemeinden sollen auf Kosten des anderen Partners finanziell profitieren. Das Primat bei der    Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden soll darin bestehen, die Aufgaben auf der richtigen    Ebene zu erfüllen (jeder macht das, wozu er am besten geeignet ist). Von Effizienzgewinnen aus der    Neuordnung der Aufgabenteilung sollen Kanton wie Gemeinden gleichermassen profitieren.

· Aus der Aufgabenteilung wird unweigerlich ein finanzieller Saldo resultieren und wenn keine Ebene zu    Lasten der anderen profitieren darf, so muss dieser Saldo ausgeglichen werden. Dies kann über eine    veränderte Struktur des kantonalen Finanzausgleiches oder aber auch über ein neu einzuführender    Steuerausgleich, wie er schon von einer früheren Expertengruppe aufgezeigt wurde, erreicht werden.

· Der NFA kann und darf nicht Bestandteil der Aufgabenteilung sein. Erstens weiss man die Auswirkungen    zu Lasten des Kantons Zug noch nicht und zweitens ist die terminliche Inkraftsetzung dieses nationalen    Gesetzes noch ungewiss. Eine Vermischung führt auch dazu, dass das ganze Projekt Aufgabenteilung    erschwert und letztlich zum eigentlichen Bleifuss dieses Projektes wird. Vielmehr ist beim Bekanntwerden    der Zusatzbelastung für den Kanton zu entscheiden, welche Belastungen durch den Kanton und die   Gemeinden zu übernehmen sind. Aus heutiger Sicht dürften folgende Lösungen dafür in Frage kommen:

      a) Es erfolgt eine Abkehr vom vertikalen Finanzausgleich zum horizontalen. Dies mit dem Ergebnis, dass       der Finanzausgleich nur noch unter den Gemeinden spielt und der Kanton entlastet würde.

      b) Erhöhung der Kantonssteuer für die Bezahlung der zusätzlichen Bundeslasten.

Aufgrund dieser Ausführungen wird der Regierungsrat beauftragt, dem Kantonsrat für das weitere Vorgehen Aufgabenteilung ein Rahmengesetz vorzulegen, welches folgende Kriterien umfasst:

1. Zielsetzungen
Es sind die klaren Zielsetzungen aufzuzeigen, die mit der Aufgabenentflechtung zwischen Kanton und Gemeinden erzielt werden sollen.

2. Projektorganisation und Kosten
Es muss genau aufgezeigt werden, wer in die Projektorganisation einbezogen wird. Hierzu ist ein Organigramm vorzulegen. Es muss aufgezeigt werden, mit welchen internen und externen Kosten gerechnet werden muss.

3. Vorgehens- und Zeitplan
In einem Vorgehensplan sind die genauen Arbeitsschritte bis hin zur Realisierungsphase aufzuzeigen. Es ist auch Aufschluss darüber zu geben, wie die politische Mitwirkung in den Gemeinden vorgesehen ist. Beim Zeitplan wird erwartet, dass endlich aufgezeigt wird, innert welcher Frist die einzelnen Vorgehensetappen in Angriff genommen werden bzw. bis wann mit dem Verfahren Aufgabenteilung abgeschlossen werden kann.

4. Ausgleichssaldo und Finanzausgleich
Es ist aufzuzeigen, wie eine Aenderung des Finanzausgleiches aufgrund der Aufgabenteilung und insbesondere des sich abzeichnenden Ausgleichsaldos erfolgt.

5. Neuer Finanzausgleich und Aufgabenentflechtung Bund Kanton (NFA)
Dieser Aspekt soll nicht Bestandteil der Aufgabenteilung Kanton-Gemeinden sein. Der Regierungsrat wird jedoch ersucht, die Finanzierung des künftig höheren Ausgleiches klar aufzuzeigen.

6. Anpassung von Gesetzen
Es ist aufzuzeigen, wann und in welchem Rahmen bei der Aufgabenteilung die einzelnen Gesetzeserlasse angepasst werden. Der Regierungsrat hat auch darüber Aufschluss zu geben, in welcher Form ab sofort Gesetzesrevisionen vor dem Hintergrund der zu erwartenden Aufgabenteilung zu behandeln sind.

Für die rasche Bearbeitung dieser Motion und die Ausarbeitung des verlangten Rahmengesetzes zuhanden des Parlamentes wird dem Regierungsrat bestens gedankt. Sollte dieser Antrag als neue Verzögerung bei der Aufgabenteilung verstanden werden, so ist entgegen zu halten, dass jetzt für ein schnelles und zielorientiertes aber auch für ein glaubwürdiges Vorgehen es gerade wichtig ist, dass der Kantonsrat den ursprünglich gefassten Auftrag überprüft und mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich hinzugekommenen Problempunkte neu und klarer definiert.

Beat Villiger, Kantonsrat Baar

Mitunterzeichner:
Gregor Kupper, Kantonsrat, Neuheim
Hanspeter Schlumpf, Steinhausen
Heinz Tännler, Steinhausen